Gesunde Ernährung: Unverschämt einfach

 

Die Ureinwohner Boliviens haben die gesündesten Herzen aller bisher untersuchten Populationen. Das ist das Ergebnis einer vielbeachteten Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet erschien.

(dgk) Warum ist diese Studie so aufsehenerregend?

Zum einen sicherlich wegen des enormenAufwands und der daraus resultierenden Aussagekraft
der Studie: 85 Eingeborenen-Dörfer imAmazonasgebiet wurden von den Forschern besucht.
Die Wissenschaftler erstellten 705 Herz-Computertomographien um das Herz-Kreislaufrisiko
abschätzen zu können, sie bestimmtenPuls, Blutdruck, Cholesterin- und Blutzuckerspiegel
und Entzündungsmarker.

Das Ergebnis ist frappierend, es zeigt Schwarz auf Weiß: Ein 80-jähriger Tsimané
am Amazonas hat in etwa das gleiche Gefäßalter wie ein Mitte-50-jähriger USAmerikaner!
So weit so gut. Weniger spektakulär sind die Gründe für die beneidenswerte Gesundheit
der Ureinwohner. Sie beruht, so die Forscher, auf ihrem Lebensstil: Angehörige
der Tsimané nehmen viele natürliche, ballaststoffreiche Kohlenhydrate aus
Früchten und Gemüse zu sich, wenig ungesättigte Fettsäuren und keinen raffinierten
Zucker, dafür aber auch Wild und Fisch. Sie bewegen sich den Tag hindurch und sie
rauchen nicht.

Das alles ist nichts Neues. Dass Rauchen und körperliche Passivität unserer Gesundheit
schadet, ist (fast) allen bekannt, wie wichtig eine gesunde Ernährung ist,
ebenfalls. Umso erstaunlicher scheint es manchmal, mit wieviel Aufwand immer feinere
Details untersucht, und mit welcher Raffinesse immer wieder neue Trends, z.B.
im Hinblick auf die Ernährung, etabliert werden. Die Tsimané wissen von all dem
nichts und leben dennoch gesund.
Weniger ist mehr
Interessant sind auch die Kosten und Mühen, die Menschen in unserer Gesellschaft
aufbringen, um sich gesund zu erhalten. Ist das wirklich nötig? Die Wahrheit ist einfach,
heißt es oftmals. Im Fall der Ernährung trifft das zu. Drei Beispiele sollen das
verdeutlichen.

Muße statt Mühe: Wer sich ständig fragt, ob er über seine Nahrung alle benötigten
Vitamine erhält, wer ständig neue Informationen dazu sammelt, immer neuen Ernährungstrends
hinterher hechtet, Kalorien zählt usw., der hat viel Mühe. Die Grundregeln
sind ganz einfach, sie haben sich seit Jahren kaum verändert: Der Speisezettel
sollte viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte enthalten, Milchprodukte und Fisch
sollten nicht fehlen, und Fleisch nur in Maßen genossen werden. Salz, Zucker und
Fette, vor allem aus gesättigten Fettsäuren, sollten sparsam verwendet werden – so
einfach ist es. Wer seine Kapazitäten dazu nutzt, die Speisen in Ruhe zuzubereiten
und mit Genuss zu essen, der tut auch noch Gutes für seine seelische Verfassung.

Natürlich statt stark verarbeitet: industriell verarbeitete Lebensmittel enthalten tendenziell
mehr Fett, mehr Zucker, mehr Salz, mehr unerwünschte produktionsbedingte
Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Acrylamid, und weniger Ballaststoffe. Wer Haferflocken
statt „Frühstückscerealien“ verspeist, Pellkartoffeln mit Kräuterquark statt eines
Fertiggerichts, weil es mal schnell gehen muss, der ernährt sich gesünder.
Günstig statt teuer: Smoothies, exotische Beeren, Treibhaus-Erdbeeren im Winter –
das alles ist meist überflüssig. Normales Obst und Gemüse reichen aus, um alle benötigten
pflanzlichen Nährstoffe zu erhalten. Teure Spezialprodukte ohne Laktose
oder Gluten brauchen die meisten Konsumenten nicht, wie Studien zeigen, es sei
denn, sie haben erwiesenermaßen eine Unverträglichkeit. Auch probiotische Getränke
mit zweifelhafter Wirkung und hohem Preis sind völlig überflüssig für Menschen,
die ihre Darmflora mit Ballaststoffen aus Gemüse, Obst und Vollkornprodukten verwöhnen.
Zeit, aus Wissen Taten werden zu lassen

Wir haben das Wissen, das wir brauchen, und wir haben, geschichtlich gesehen, die
einmalige Gelegenheit, uns das ganz Jahr hindurch mit gesunden Lebensmitteln zu
versorgen. Unverschämt einfach haben wir es eigentlich. Warum fällt es dann so
schwer? Stress wird nicht selten eine Rolle spielen, berufliche Auslastung, und die
ständige Verfügbarkeit von Leckereien, deren Verlockung wir uns nicht entziehen
können. Die Erforschung weiterer Details zu Lebensstilfaktoren, wie beispielsweise
der Ernährung, ist weniger wichtig, als die Bemühung, Menschen dabei zu unterstützen,
bereits bekannte gesundheitsfördernde Maßnahmen in die Tat umzusetzen.

©Quelle: DGK ©Foto: DGK

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